Mein letzter Tag im Oman bricht an. Ich überlege schon
den ganzen Morgen, ob ich noch einmal ins 100 km entfernte Ash Shab aufbreche.
Vorbei an den Hauptstadt-Radarfallen deutscher Produktion. Da fällt mir ein,
das ich die Sultan Qaboos Grand Mosque mir noch anschauen wollte. Es ist die
größte und vermutlich sehenswerteste Moschee des Landes und sie wurde 2001 nach
6 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Damals hatte sie den größten zusammenhängenden
Teppich der Welt (70 x 60 m) und den größten Swarowski-Kristallleuchter. Beide „Titel“
wurden ihr nach nur wenigen Jahren von der neuen Riesen-Moschee in Abu Dhabi
abgenommen. Dort kam ich seinerzeit (2010) auf dem Weg zum Flughafen noch
hinein, hier in Muscat nicht, denn das geht wohl nur bis 11 Uhr. Die Sultan
Qaboos Grand Moschee ist auch eine der wenigen Gotteshäuser im Oman, die für Nichtgläubige
zugänglich ist. Aber auch von außen ist das Bauwerk mehr als imposant. Das
höchste Minarett bringt es immerhin auf 90 m Höhe, 6000 Gläubige können im
Innern beten, auf dem Gebetsplatz davor weitere 14000. Soviel Platz braucht keine
katholische Kirche bei uns, da müssten schon die Gläubigen aus mehreren
deutschen Groß- und Kleinstädten zusammengezogen und ihnen gut zugeredet werden.
Die Moschee liegt weit außerhalb von Muscat, an der Hauptstraße nach Al-Azaiba.
Immerhin hatte ich eine Heiligabend-Erscheinung vor der Moschee (siehe
Videoclip).
Irgendwie komme ich an der neuen, noch nicht ganz
fertigen aber bereits eröffneten Muscat Grand Mall vorbei. Mich interessiert,
ob es auch hier die ewig gleiche Mischung aus hochpreisigen westlichen
Markengeschäften gibt. Gibt es. Ich finde aber auch nichts, was mich
faszinieren könnte, nichts was fremd und ungewohnt ist. Diese Welt wird immer
gleicher, austauschbarer. Nach 15 Minuten bin ich wieder draußen. Fcuk
Globalisierung, man wird irgendwann anhand der Supermärkte, Shopping Malls
überhaupt nicht mehr erkennen, das man im Ausland ist. Nur gut, das da genug
Frauen mit Burka herum laufen. Ich frage mich aber immer, WANN sie denn diese
teuren westlichen Fummel tragen… Vielleicht unter der schwarzen Rüstung? Oder
exklusiv in den eigenen vier Wänden zur Erbauung des Gatten? Nicht mein
Problem.
Was bietet Muscat noch an imposanter Architektur? Die
neue Oper. Richtig. Oman hat ja eine Jahrhunderte-alte Opern-Tradition. ;)
Natürlich nicht. Allerdings eine reiche Tradition an Musik und Dichtung. Per
Dekret ließ der Sultan das Royal Opera House mit 1100 Plätzen erbauen und 2011
feierlich eröffnen. Die Architektur ist nicht futuristisch, eher passend zum
Oman, was ich als sehr angenehm empfinde. Ich komme nur bis zum Ticketschalter,
aber schon das Foyer ist sehr eindrucksvoll, elegant und sehr geschmackvoll,
keineswegs protzig gestaltet. In einem Seitenflügel hat man eine kleine
Edel-Boutiquen Mall integriert. Mehr ist unter www.rohmuscat.org.om zu
finden.
Der Rest meines letzten Tages im Oman hält leider keine
großen Überraschungen oder kleine Abenteuer für mich bereit. Ich fahre noch
einmal in Richtung Seeb, um den dortigen Souk zu besuchen. Leider endet das in
einer Reihe von Staus, Umleitungen und „Ich verfahr mich mal eben…“ –
Erlebnissen. Irgendwann kaufe ich mir eine Flasche Milch in einem Lulu-Market
und nuckele daran etwas frustriert am Rande eines Straßengrabens. Leider ist es
auch schon wieder dunkel. Irgendwann fahre ich zurück. Zurück in den großen Carrefour-Supermarkt
im City Centre in der Nähe des Flughafens. Ich muss meine Zeltausrüstung noch
loswerden. Bisher ist mir aber noch niemand über den Weg gelaufen, der das Zeug
eventuell gebrauchen könnte: eine gute Luftmatratze nebst Pumpe, ein
angebliches 3-Mann-Kuppelzelt (für zwei sicher ok) und eine Kuscheldecke.
Einfach das Ganze irgendwo anonym abladen mag ich auch nicht.
Im Parkhaus des
City Centre kommt mir nach Erreichen der Parkposition ein junger freudig
strahlender Asiate entgegen. Bevor er mir sagen kann, dass er gern mein Auto
putzen mag, mache ich meinen Kofferraum auf und preise meine Zeltausrüstung wie
ein Souq-Verkäufer an. Sandib weiß erst mal überhaupt nicht, was der Fremde ihm
da andrehen will und warum. Als ich mehrmals betone, dass er den Kram umsonst
haben kann, strahlt er stumm, schultert seine neue MinimalOutdoorAusrüstung und
schafft sie in Sicherheit. Ich bewache solange seinen fahrbaren Putzcontainer.
Und da ich einmal beim Beräumen meines doch recht großen Kofferraums bin, stelle
ich Sandib auch noch 3 Flaschen feinstes omanisches Mineralwasser an seinen
Arbeitsplatz. Keine Ahnung, was der junge Mann mit den Gebrauchtgaben macht.
Wenn er noch ein paar omanische Real dafür bekommt, umso besser.
Langsam wird es Zeit, den Flughafen anzusteuern. Ich gebe
das Auto ab. Auf Nachfrage will niemand mit mir zusammen um das Gefährt
springen und nach Beulen suchen. Es gibt nur die lapidare Frage „Did you have an
accident?” Ich verneine, tue noch kund, dass ich
aufgetankt habe und werde in den Flughafen entlassen. Noch einmal versuche ich
den Verbleib meines in Dubai erstandenen Netbook-Ladekabels herauszufinden. Der
Lost & Found – Schalter der omanischen Polizei hat nur bis 13 Uhr auf. Ich
rufe eine Nummer an, aber der sich offenbar schon im Feierabend befindliche
Beamte weiß von nichts. Ok, vergessen wir das Kabel. Irgendwann sitze ich im
Flieger und hebe ab in Richtung Bahrein. Dort gelandet erfreue ich mich als
Transitreisender eines erneuten Sicherheitschecks. Kann man im Oman im Duty Free
etwa Waffen kaufen? Oder im Flieger von Gulf Airline Rauschgift shoppen? Manche
Länder übertrumpfen den westlich vorgelebten Sicherheitswahn noch um Längen.
Einen Kaffee bekommt man hier auch nur, wenn man 5 EUR als Schein passend hat.
Ich lese bis zum Weiterflug den Altmann. Sehr erbaulich. In der Luft bringt mir
im halbleeren arabisch dominierten Flieger von Gulf Airline irgendwann eine
arabische Stewardess verstohlen lächelnd einen Plastikbecher mit Sekt vorbei
und flüstert: „Merry Christmas“.